Skip to content

katkaesk

writing. reading. recommending.

Menu
  • Rezensionen
  • Erzählungen
    • Gedichte
    • Geschichten
  • Publikation.
  • katkaesk.
    • Über mich
    • katkafragen
    • impressum
Menu

[rezension] Martin Peichl | Matthias Ledwinka – Gespenster zählen

Posted on 13. September 202113. September 2021 by katkaesk

Wie zählt man Gespenster, willst du wissen, ganz normal, sage ich, man fängt bei eins an, dann zwei und so weiter. Wie immer, wenn du meine Wohnung verlässt, nimmst du die Treppen, dem Lift traust du nicht, schon gar keine fünf Stockwerke lang.

Gespenster, das sind: gesammelte Fragmente verlorener Menschen, Glaubenssätze, Songtexte, Gedichtzeilen, Erinnerungen, entledigte Hoffnungen, verdrängte, aber nie vergessene Lieben: Immer die Frage, ob das ein Geist ist oder ob man ihn eventuell trinken kann.

Geist heißt hier eine präsente Anwesenheit der Abwesenheit, eine Fülle an Erinnerungen, an gedachte Zweisamkeiten in einer allgegenwärtigen Einsamkeit. Die Fotos sind stiller Begleiter dieser Alleinsamkeit: In blassen Farben gehalten stechen die grellen Thematiken dieses Buches hervor: ein Kennenlernen menschenloser, verlassener Orte. Überall sind leere Fahrzeuge, Geschäfte, Häuser, Züge, Straßen, Seen. Kurzum eine Sammlung von lost places, die ihre Trennung von Menschen und ihre Isolation stolz vor sich hertragen, genauso um ihre Vergessenheit und ihr Verschwinden zu dokumentieren; eine persönliche Ausstellung für zu Hause.

Es zollt selbstverständlich Tribut an die unlängst verstorbene Schriftstellerin Elfriede Mayröcker, die mit ihrem Buch „brütt oder die seufzenden Gärten“ oder mit „Paloma“ Eingang findet – eine literarische Ausnahmekünstlerin, der im ungleichen Ausmaß mehr Anklang bei deutschsprachigen, männlichen Schriftstellern findet als sonst eine Schriftstellerin. Umso erfreulicher, dass nun auch Spuren von Ingeborg Bachmann, Elfriede Gerstl oder Marlen Haushofer zu finden sind.

Während das ungewöhnliche Format auffallend und eindrucksvoll adrett und geordnet daherkommt, wird eine innere Ordnung nicht manifest, einige Bilder aus dem zweiten Buch „In einer komplizierten Beziehung mit Österreich“, finden hier erneut Eingang, und lesen sich wie eine Vorahnung auf „Gespenster zählen„:

Wir bleiben zurück als Gespenster als Scherenschnitt

In einer komplizierten Beziehung mit Österreich

Wenn man Peichls Namen im Katalog der Wiener Büchereien sucht, findet man zwangsläufig auf der ersten Seite das Handbuch der Psychotraumatologie; „Gespenster zählen“ ist zwingend traumatisch poetisch: es geht ums Anschauungen abfragen in künstlerisch literarischer Pose, es wird mehr gezeigt als gewollt als im Debütroman „Wie man Dinge repariert“. Es ist zeitgleich ein Stück Dorfliteratur genauso wie Erinnerungen an eine Stadt, die es in dieser Form nicht mehr gibt.

Das Buch, das diesmal auf Seitenzahlen verzichtet und Ordnung mit einer Bild und nummerierten Textabfolge herstellt, gestaltet sich mit weniger Leserausch als die letzten beiden Bücher, mehr als dokumentarisches Bereuen: Seelen bröckeln und vergeistern, auch eigenen Gedanken sind Gespenster und spuken im Kopf herum. Spürbar wird eine radikale Wehmut, die Liebe häufig mit Schmerz verbindet, und ein melancholischer Unterton, der die Roadtrips durch die Vergangenheit begleitet.

[Information]

Martin Peichl & Matthias Ledwinka: Gespenster zählen. Kremayr & Scheriau. 160 Seiten. durchgängig vierfärbig. ISBN978-3-218-01282-9. 22 Euro.

Ähnliche Beiträge

Hej! I am Katka, and I love to write stories and recommend books.
"Deine Stadt ein zweites Mal ansteuern und Angst davor haben, wie sie ohne dich ist. Bei Ankunft überall nach dir suchen, rundherum dunkelgrauen Masken oder rosa-roten entdecken und rote, blaue Shirts und graue Shorts, der Hafen ist menschenvoll und du nicht da. Ans andere Ende der Stadt treiben und Spuren von dir suchen und schmunzeln, weil ich einen Mann mit einem Burrito auf einer Bierbank entdecke. Mich in den Gesprächen der anderen verlieren und dich so sehr vermissen, mein Herz legt mehr Knoten zurück als jedes unserer Schiffe." [update] Norbert Trawögers Spiel musste ich auch noch lesen, weil mich als Pädagogin sehr viel das Spielen herumtreibt. Spielend lernen, der homo ludens, die gamification des Unterrichts sind Begriffe, die mir in meiner Arbeit sehr häufig begegnen. [update] Eigentlich wollte ich immer schon etwas von Monika Helfer lesen. Irgendwo habe ich zufälligerweise mitbekommen, dass sie die Frau von Michael Köhlmeier ist, den ich ja für seine Märchen und Sagen Sammlungen und Hörbücher etwas besser kenne. Lesemonat März // Last book of March: Salonfähig von Elias Hirschl. Alle Bezugspersonen um Andreas sind Erwachsene und tragen jeweils ihr Päckchen Trauer, Trauma und Trostlosigkeit mit sich herum. Oma Lena scheint ihren Enkel zu hassen, wie sie verbal häufig kundtut. Mutter Ilse tritt als Verbündete der Großmutter auf, Vater Reinhold trinkt, raucht und versucht, die Vergangenheit zu vergessen. Onkel Bruno ist gewalttätig und lässt Andreas diese Abneigung spüren, da er sehr hart zu dem Jungen ist. Einzig Tante Hilde, sein „Herzlieb“, zeigt mit Güte und Warmherzigkeit Andreas eine andere Welt. Apropos #indiebookday: @mikrotext ist mein liebster, unabhängiger Verlag aus Deutschland. Apropos #indiebookday: @kremayrscheriau ist mein absoluter liebster, unabhängiger Verlag in Österreich. [rezension] Der 27jähriger Anwalt Mathias Gandt steht am Beginn seines Berufslebens, und möchte alles korrekt machen und die Knoten seines Lebens lösen. Er ist ein stringenter Listenmensch. Selbst seine Lebensziele formuliert er als Liste und anhand der drei Ks: Kanzlei, Karriere, Kind. Gleich zu Anfang des Romans gesellt sich unverhofft das vierte K dazu: Klaudia Antonini, die Lehrerin für Italienisch und Latein ist, und sich zum einen ihren großen Traum einer Literaturvermittlerin in der österreichischen Hauptstadt erfüllen mag und zum anderen eine Familie gründen möchte; im inneren Konflikt, dass sich der zweite Wunsch kaum mehr erfüllen mag mit siebenunddreißig Jahren.

Leseliste

mischen editorial staff
©2022 katkaesk | Design by Superb
 

Lade Kommentare …