Kategorie: Gedichte

  • Eigentlich untrennbare Verben. Wir.

    Schreib mich.
    Nur nicht ab.

    Kauf mir.
    Nur nicht alles ab.

    Geh mir.
    Nie wieder ab.

    Glaub mir.
    Nur nicht alles.

    Stell mich.
    Neben dich hin.

    Mach mich.
    Wieder auf.

    Komm mir.
    Am besten her.

    Geh mir.
    Nur nie wieder fort.

  • Wir tanzen. Distanzen.

    Wir tanzen,
    vor allem Distanzen.
    Wir reden,
    vor allem Ausreden.
    Wir lösen
    vor allem uns auf.
    und ja wir gehen.
    Vor allem auseinander.

    Wir lachen,
    vor allem einander aus.
    Wir geben,
    vor allem nicht zu.
    Wir laufen.
    vor allem voneinander weg.
    Wir hören.
    vor allem nicht auf.

    Wir sehen,
    vor allem nicht ein.
    Wir blicken,
    vor allem nicht zurück.
    Wir denken,
    vor allem ohne dem Über.
    Wir liegen,
    vor allem millionenweit entfernt.

    Wir tanzen.
    Vor allem Distanzen.

  • Bierdeckel und Liebe.

    Da ist Sonnenschein
    und wir treffen
    uns
    im Mittagsbetrieb
    der Sorgenlosigkeit.
    Da sind Straßen
    und schöne, alte Pflastersteine
    und die Häuser
    erzählen uns
    ihre Geschichten.
    Da sind zwei Hände
    die sich unabsichtlich
    absichtlich berühren
    und die Unbeholfenheit
    junger Herzen.
    Da sind zwei
    verschmilzte Lächeln
    die Worte
    nur schwer finden.
    Plötzlich lächelt das
    Cáfe,
    weil zwei
    sich so gut bei ihr fühlen
    und Servietten
    und Bierdeckel
    beschreiben.
    „Ich mag dich sehr“,
    steht auf der
    liebestollen, blauen
    Serviette.
    Es sind noch so viele
    Servietten,
    so viele Bierdeckel,
    auf die
    eines Tages hunderte:
    „Ich liebe dich!“
    stehen.

  • Unendliche Freiheit.

    Der Wind wehte ihm entgegen von seiner alten Lüftung. Er saß im Auto. Der kalte Wind brachte ihm auch keine kühlen Gedanken, sein Kopf platzte voller Fragen, voller unbeantworteter Fragen.

    Er war auf dem Weg zu dem alten Haus seiner Tante. Das Haus war geschichtsträchtig, sein Leben verbrachte er dort, seine schönsten Gedankenkonstrukte hangen an dem Haus und doch: er konnte sich nicht freuen. Seine Taschen waren gefüllt mit den kostbarsten Materialen der Kunst. Seine beste Staffelei hatte er mitgenommen, seine besten Ölfarben. Er liebte diesen Geruch von einem frisch gemalten Bild. Seit er sich erinnern konnte, malte er. Als Kind malte er Bäume, weil er dachte, Bäume würden ewig währen. Nun malte er konkrete Figuren, konkrete Szene, konkretes Leben. Sein Leben war schon abstrakt genug, zu viel in Gedankenkonstrukten der Vergangenheit festgehalten, war er froh Konkretes malen zu können. Er hielt sich daran fest. Sein Leben war eine Bildergalerie ohne Zukunft, ohne Plan, wie das Leben werden würde und so verdiente er sein täglich Brot in einer Druckerei. Nie wollte er dort arbeiten, seine finanziellen Nöte trieben ihn dazu. Sie hatte er dort auch kennengelernt. Ein hübsches Mädchen war sie damals gewesen, scheu und von gutem Charakter. Viel zu glatt für ihn, er wollte doch immer Kanten und Ecken spüren. Die Zeit trieb sie aneinander, nicht mehr voneinander, so blieben sie zusammen. Sein Leben wollte er aufregend erleben, sie hinderte ihn daran, aber Sicherheit lernte er im Laufe seines Lebens schätzen. Er sollte sie nun in diesem Haus treffen, welches ihr ein Ekel war, der Geruch gefiel ihr nicht, für sie hatte sein Gedankenkonstrukt nichts Ästhetisches an sich, sie verstand nicht, warum er eine Zufluchtsstätte brauchte, wo er nie auf der Flucht war und doch in Sicherheit gewogen war.

    Er griff sich an die Stirn. Sie war heiß. Er merkte, dass die Gedanken sich im Kreis drehten, dass er würde nie richtig leben können und sein Leben abgeschrieben war. Die Angst packte ihn, es schauderte ihn. Er spürte insgeheim, dass dieses Haus sein Alpha und sein Omega war, dass die griechischen Buchstaben dazwischen ins Buch des Lebens geschrieben waren und er nichts mehr zu erleben hatte. Er stieg aus. Tief atmete er durch und roch den Duft der geliebten Vergangenheit. Mit der Staffelei und dem Malkoffer bepackt ging er in das große, gedankenumwobene Innere. Er suchte Sie. Er spürte, dass sie nicht da war und wohl auch nicht mehr kommen würde. Seine Stirn wurde brennend heiß, denn er gab sich die Schuld daran, sein vermaledeiter Drang nach Freiheit brach zu oft zu heftig heraus, die Sicherheit konnte dem Gebilde nicht standhalten. Nur er war schuld, er musste sich seine Wut aus seinem psychischen und physischen Menschsein malen. Er packte seinen Schatzkoffer und ging damit ans Meer, stellte seine Staffelei auf. Sein Blick schweifte hinaus in die unendliche Freiheit, die es nicht gab, welche er nun als Paradoxon begriff. Freiheit war endlich, das Alpha war hier an dieses Haus gebunden, sie spannte ihren Bogen 40.000 Kilometer zu ihrem Omega.

  • Sachen tun halt weh.

    „Sachen tun halt weh“
    sagtest du.
    Da sitzt du nun
    im Bus
    der Vergangenheit.
    Deine Hände
    zu Fäuste geballt
    als müsstest du dich wehren
    deine Füße leicht geöffnet
    und dein leerer Blick,
    der über die alte
    Stadt schwebt.

    „Messe doch Worten nicht soviel Sinn bei“
    sagtest du.
    Da sitzt du nun
    und siehst mich nicht an
    nie und nie
    gedacht gehen zu müssen
    und der Dreck
    an deinen Schuhen
    ist derselbe wie an
    deinen Worten.

    „Da ist nichts und wird nie etwas sein“
    sagtest du.
    Da sitzt du nun
    und da ist diese Leere.
    Auf der rechten Seite
    hast du dann dieses Grübchen
    deine roten Ohren
    erzählen von deinem Tag.
    und alles ist –
    auf deiner Seite gegenüber.

    „Komm, lass uns aussteigen“
    sagtest du
    da sitzt du nun
    und nicht mehr lange.
    Dein kalter Blick
    und du stehst auf
    und nie und nie
    gedacht, dass du uns damit
    meinst
    und nicht den Bus.