Der Wind wehte ihm entgegen von seiner alten Lüftung. Er saß im Auto. Der kalte Wind brachte ihm auch keine kühlen Gedanken, sein Kopf platzte voller Fragen, voller unbeantworteter Fragen.
Er war auf dem Weg zu dem alten Haus seiner Tante. Das Haus war geschichtsträchtig, sein Leben verbrachte er dort, seine schönsten Gedankenkonstrukte hangen an dem Haus und doch: er konnte sich nicht freuen. Seine Taschen waren gefüllt mit den kostbarsten Materialen der Kunst. Seine beste Staffelei hatte er mitgenommen, seine besten Ölfarben. Er liebte diesen Geruch von einem frisch gemalten Bild. Seit er sich erinnern konnte, malte er. Als Kind malte er Bäume, weil er dachte, Bäume würden ewig währen. Nun malte er konkrete Figuren, konkrete Szene, konkretes Leben. Sein Leben war schon abstrakt genug, zu viel in Gedankenkonstrukten der Vergangenheit festgehalten, war er froh Konkretes malen zu können. Er hielt sich daran fest. Sein Leben war eine Bildergalerie ohne Zukunft, ohne Plan, wie das Leben werden würde und so verdiente er sein täglich Brot in einer Druckerei. Nie wollte er dort arbeiten, seine finanziellen Nöte trieben ihn dazu. Sie hatte er dort auch kennengelernt. Ein hübsches Mädchen war sie damals gewesen, scheu und von gutem Charakter. Viel zu glatt für ihn, er wollte doch immer Kanten und Ecken spüren. Die Zeit trieb sie aneinander, nicht mehr voneinander, so blieben sie zusammen. Sein Leben wollte er aufregend erleben, sie hinderte ihn daran, aber Sicherheit lernte er im Laufe seines Lebens schätzen. Er sollte sie nun in diesem Haus treffen, welches ihr ein Ekel war, der Geruch gefiel ihr nicht, für sie hatte sein Gedankenkonstrukt nichts Ästhetisches an sich, sie verstand nicht, warum er eine Zufluchtsstätte brauchte, wo er nie auf der Flucht war und doch in Sicherheit gewogen war.
Er griff sich an die Stirn. Sie war heiß. Er merkte, dass die Gedanken sich im Kreis drehten, dass er würde nie richtig leben können und sein Leben abgeschrieben war. Die Angst packte ihn, es schauderte ihn. Er spürte insgeheim, dass dieses Haus sein Alpha und sein Omega war, dass die griechischen Buchstaben dazwischen ins Buch des Lebens geschrieben waren und er nichts mehr zu erleben hatte. Er stieg aus. Tief atmete er durch und roch den Duft der geliebten Vergangenheit. Mit der Staffelei und dem Malkoffer bepackt ging er in das große, gedankenumwobene Innere. Er suchte Sie. Er spürte, dass sie nicht da war und wohl auch nicht mehr kommen würde. Seine Stirn wurde brennend heiß, denn er gab sich die Schuld daran, sein vermaledeiter Drang nach Freiheit brach zu oft zu heftig heraus, die Sicherheit konnte dem Gebilde nicht standhalten. Nur er war schuld, er musste sich seine Wut aus seinem psychischen und physischen Menschsein malen. Er packte seinen Schatzkoffer und ging damit ans Meer, stellte seine Staffelei auf. Sein Blick schweifte hinaus in die unendliche Freiheit, die es nicht gab, welche er nun als Paradoxon begriff. Freiheit war endlich, das Alpha war hier an dieses Haus gebunden, sie spannte ihren Bogen 40.000 Kilometer zu ihrem Omega.