vor dem haus gab es zwei fahnenstangen mit fahnen der automarke. eines nachts fuhr jemand betrunken gegen eine der beiden. sie knickte um und fiel auf den asphalt. der bruder lag im nebenzimmer und wurde nicht wach. Manch wehmütigen, als auch schmerzenden Blick auf die Kindheit und Jugend am […]
Pro-Heimat, Anti-Dorf: Cornelia Hülmbauers Oft, manchmal, nie — litrobona
Kategorie: Rezensionen (Seite 3 von 13)
ALLEN: Zuckergoscherln, Naschkätzchen und -katern, Schleckermäulern, Honiggleichen, Naturverbunden, Städte-Liebhabern & Liebhaberinnen.
KURZ: Den süßen Wiener Mädeln und Buben sowie deren Habaran.
Wien ist und bleibt eine lebenswerte Stadt, meistens sogar so lebenswert, dass sie mehrmals auf Platz 1 weltweit landete. Das liegt, so muss man zugeben, nicht am Wiener Grant (der durchaus sehr liebenswürdig sein kann), aber mit Sicherheit auch an der Vielfalt der süßen Köstlichkeiten und Mehlspeisen. Zugegebenermaßen kann man diese Behauptung nicht wirklich beweisen, das Kochbuch „Süsses wildes Wien“ von Alexandra Maria Rath liefert einen kleinen Beleg dafür:
Auf 224 Seiten befinden sich 55 Rezepte, von denen ein Großteil vegan ist. Zuckerjunkies und Mehlspeisen-Aficionados werden mitgenommen auf eine Reise durch unterschiedlichste Bezirke, die Reise beginnt im ersten Bezirk an der Hofburg mit der Taubnessel und endet dort in der Nähe am Graben bei den Tannen zur Winterszeit. Dazwischen pflückt man Holunder und Holler in Ottakring, Kriecherl in Hietzing oder Kornelkirschen (Dirndln) draußen in Stammersdorf, das zu Floridsdorf gehört. Verarbeitet werden Wildpflanzen, Blüten, Wildobst und Nüsse. Die Pflanzen werden gesammelt an Wiener G’stetten, im Garten auf Balkonen oder Terrassen, in größeren Parkanlagen, in Wiesen und im Wald teilweise auch auf Friedhöfen, der achtsame Umgang mit dem Sammeln wird natürlich auch thematisiert.
Das Buch unterteilt sich sowohl in 13 Kapitel, wobei jedes Kapitel einer besonderen Pflanze gewidmet ist und dem außergewöhnlichen Ort, wo diese Pflanze zu finden ist, also auch die Rezepte in drei Schwierigkeitsstufen. „Süsses wildes Wien“ will nicht nur als Backbuch verstanden werden, es ist ein Fremdenführer, ein Lustmacher und ein Naschaufruf in gleichem Maße.
Die Rezepte sind selbst in der schwierigsten Ausführung bewältigbar, was daran liegt, dass die Liste an benötigten Utensilien nicht allzu lang ist (für die meisten Rezepte reicht ein Schneebesen, ein Hand- bzw. Stabmixer, eine Küchenwaage, Teigspachtel, Kochlöffel, Tortenpalette und ein Nudelholz). Auch die Zutatenliste gerät nicht aus dem Ruder und alle zusätzlichen Zutaten hat man entweder zuhause, oder ganz sich diese leicht beim nächsten Supermarkt kaufen.
Für Menschen, die sich im Gaumen nach Abkühlung sehnen, lässt es sich herrlich zu selbstgemachten Schokoeis, Holundersorbet oder Tanneneis schlemmen. Winteraffine Liebhaber*innen der süßen Küche werden sich an selbstgemachten Hustenzuckerln, Wipfelsirup und gebrannten Haselnüssen erfreuen.
Wenn man nicht alle Begriffe versteht, ist das auch kein Problem: Ein angefügtes Glossar gibt Auskunft über die Wienerischen Dialektworte, die sehr zart und liebevoll in das Buch eingebunden worden sind.
Mein absolutes Lieblingsrezept sind die Walnuss-Burgenlandkipferl, mit denen ich eine schöne Kindheitserinnerung verbinde: der Geschmack des noch warmen Germteigs und der süßen Nussfüllung, bei dem man gar nicht anders kann, als alles auf einen Satz wegzufuttern und sich ein Stück nach dem anderen in den Mund zu schieben. (und immer hat sie nie wer gegessen und immer waren sie zu wenig)
Verantwortlich für dieses fantastische Buch zeigen sich vier sehr ambitionierte Menschen: Alexandra Maria Rath, die hier als Wildkräuter-Coach und Autorin fungiert. Stephan Mayer ist Food-Stylist und Speisefotograf und ist für die großflächigen, einladenden Fotos verantwortlich. David Maninger hat die grafische Ausgestaltung dieses Buch es übernommen in seiner Funktion als Grafikdesigner, genauso wie Alfons Theininger, der die Illustrationen für dieses Buches gemacht hat – selbst jene, die nicht gerne backen, werden dieses Buch gerne ansehen, weil es so sorgfältig gestaltet wurde.
Ein bisschen Angst um all die netten Gaben der Natur hat man bei den beschriebenen Plätzen in Wien auf jeden Fall. Dieses Buch ist ein ideales Geschenk für alle Wien-Liebhaber*innen, sowie Mehlspeistiger der österreichischen, süßen Küche, das gern auch ein bisschen internationales Flair aufweisen darf.
Süßes wildes Wien ist eine Handlungsanleitung: Bevor man einen Holler redet und verzapft, dann verarbeitet man ihn doch lieber zu einer großartigen Süßspeise.
Informationen | Alexandrea Maria Rath | Süsses wildes Wien. Genascht wird, was in der Stadt wächst. | Gmeiner Verlag. | 224 Seiten | ISBN 9783839204191 | 32 Euro
Ein herzliches Dankeschön an den Gmeiner Verlag für das Rezensionsexemplar.
„Reflektierte Rollenmodelle zu Hause sind wichtig, aber das allein wird nicht ausreichen. Es braucht in vielen Bereichen ein komplettes Umdenken und die damit einhergehenden strukturellen Veränderungen.“
Für diese Veränderungen benötigt man Macht, so die These der Autorin Vera Steinhäuser – Macht, die derzeit männlich geprägt ist und Teil des Patriachats. Macht kann weiblich sein, Macht war schon weiblich, sie wird es wieder werden. Anhand des Machtbegriffs begibt sich die Autorin zunächst in die Vergangenheit und legt einen Abriss der Geschichte des Matriarchats vor, genauso wie Macht aus der Frauenperspektive gedacht wurde und weibliche Macht nicht mit Sexualität einhergehen muss. Sie nähert sich Schritt für Schritt der Gegenwart und arbeitet hier sehr wissenschaftlich die Themen Mental Load, sowie Care Arbeit ab. Beeindruckend wird man die Darstellung des Maternal Gatekeeping finden (samt Podcast-Folge, die man sich dazu anhören kann), also eine sehr enge Mutter-Kind Bindung, die Partner außen vorlässt und somit zur Machtposition in Bezug auf das Kind wird.
Viele Themen fächert Steinhäuser im Gegenwartskapitel auf: Emotionale Machtkämpfe in Bezug auf Sexualität, weibliche Berufe, Gender und Schule, Mutter Da-Sein und Social Media, Machtsituationen in modernen Beziehungen, Gleichberechtigung in Wirtschaft und Politik oder auch Einkommensunterschiede.
Ein sehr großes Kapitel nimmt auch das Thema Heirat und Ehe ein – die Autorin legt gleich zu Beginn offen, dass sie eine Gegnerin des patriarchalen Konstrukts der Ehe ist:
„Eine Vorwarnung für alle verheirateten Leser*innen: Es kann durchaus sein, dass auf den folgenden Seiten Content kommt, der euch nicht gefällt. Denn ich möchte mich gleich zu Beginn des Kapitels klar als Gegnerin der Ehe outen“ mir ist das wichtig, denn ich weiß mittlerweile, wie kontrovers diese Haltung von meinem Umfeld immer wieder aufgenommen wird. Also lasse ich hier besser gleich die Katze aus dem Sack.“
Sie erzählt im Folgenden dann einen historischen Abschnitt über die Ehe und wie erst im 20. Jahrhundert rechtlich die Hausfrauenehe abgeschafft wurde und Frauen es somit gestattet war, arbeiten zu gehen, ohne ihren Mann zu fragen. Auch hier wird erneut die Rolle aus Hausfrau und Mutter eingewebt.
Im letzten Kapitel des Buches widmet sie sich der Machtentwicklung von Frauen und schlägt hier Persönlichkeitsentwicklung, Empowerment-Faktoren und Gestaltungsmöglichkeiten wie neue Wege der Kindererziehung oder die Ermächtigung anderer Frauen vor. Steinhäuser liest sich in diesem Kapitel besonders authentisch, man merkt beim Lesen, dass dies Sätze sind, die sie mehrfach in ihren Coachings anderen Frauen mitgegeben hat. Hier wird klar: Steinhäuser will mit diesem Buch Frauen aus ihrer Machtlosigkeit helfen.
Nachbetrachtet zeigt sich die Not, die man mit dem inhaltlichen Bau eines solchen Buches hat: Die Gegenwart lässt sich schwer von der Vergangenheit trennen und die darauffolgenden Kapitel benötigen eine historische, sowie gegenwärtige Einordnung. Zeitgleich macht sie die Einteilung in Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft unsinnig. Eine thematische Einteilung nach bspw. Frau und Beruf, Frau und Partnerschaft, …, wäre angenehmer zu lesen und nicht so viel Chaos im Kopf hinterlassen. Gut hingegen sind die rosa unterlegten Coaching Elemente, sowie die QR-Codes, die zu Podcast-Folgen und Interviews weiterführende Einsichten anbieten.
Die Macht Zentrale ist ein Buch (aber nicht nur, sondern auch ein Instagram Account und eine WhatsApp Gruppe), das vor allem Leser*innen gefallen dürfte, die gern populärwissenschaftliche Bücher lesen, und dennoch einen gewissen Anspruch an Wissenschaftlichkeit haben, aber gerne eine leichte Vermittlung dafür hätten. Leser*innen, die an Feminismus interessiert sind, werden sich in diese Themen mehrfach bereits eingelesen haben und auch die zitierten Studien darin wiedererkennen – Neuigkeitswert bietet es vor allem für Leute, die sich dem feministischen Diskurs der Gegenwart annähern wollen, dabei aber queere und intersektionale Aspekte noch außen vorlassen wollen. Leser*innen, die Mentaltraining mögen, werden es lieben, genauso wie Frauen in Businessjobs mit und ohne Führungsverantwortung:
„Und diesen Mut zu haben, zahlt sich aus. Denn nur mit Mut können wir uns aus der Patrix befreien. Wir können Dinge tun, auch mit der Angst.“
[information] Vera Steinhäuser: Die Macht Zentrale. Kremayr & Scheriau. 192 Seiten. ISBN: 978-3-218-01374-1, 24 Euro.
„Es traf sie ins Mark, auf vergilbtem Papier mit blauer Tinte geschrieben ihre Identität besiegelt zu sehen, die sie, Frieda, auf ihre Eigenschaft als Flüchtling reduzierte.“
Die Lübeckerin Alma Curtz muss 1947 die von den Masuren geflüchtete Frieda Markuweit per Zwangszuweisung in ihre Wohnung aufnehmen. Beide Frauen teilen das Schicksal Witwe zu sein, teilen sich aber bis auf ihre neue Lebensrealität keine Gemeinsamkeiten. Alma ist zunächst sehr hart und ablehnend gegenüber Frieda, die sich jedoch Tag für Tag mehr wohl fühlt in ihrem halben Zimmer. Als sich Alma, die davon träumt wieder tanzen zu gehen und ihren Kurzwarenladen erneut zu öffnen, offenbart, weder lesen noch schreiben zu können, organisiert Frieda Schiefertafel und eine Fibel und die beiden Frauen kommen einander näher und können ein zartes Band der Freundschaft knüpfen. Frieda entdeckt die Stadt Lübeck für sich und freut sich, neue Kontakte zu haben, wie Cecile, die ebenso frankophil wie sie ist. Das aufstrebende Lübeck der 1940iger Jahre sowie die aufkeimende Hoffnung auf ein Deutschland ohne Nationalsozialismus prägen die Geschichte beider Frauen und ihrer Liebsten.
Anette L. Dressler legt mit „Brockessstraße Beletage“ einen Debütroman vor, der von Erzählungen ihrer Großeltern, Eltern und dem Freundeskreis der Familie gespeist ist. Die Spurensuche nach der Herkunft und dem Ankommen ihrer Familie in Schleswig- Holstein nach Ende des Zweiten Weltkrieges inspirierte sie zu diesem Roman. Dressler sucht nach unterschiedlichen Lebensverläufen, nach einer Sichtbarmachung einer Geschichte, die Frauen sonst vergisst. Alma Curtz und Frieda Markuweit dienen als Vorlage für die Themen, die mit der neuen Republik erstmals zur Sprache kommen: Die Familienrechtsreform, die erst 30 Jahre später das Schicksal vieler Frauen verändern wird. Erziehungsfragen, die sich abseits der schwarzen Pädagogik in der NS-Zeit bewegen. Bildung und Selbstständigkeit von Frauen, sowie erst Wahlen, in der mit der Wahl Konrad Adenauers ein Stück deutscher Geschichte festgehalten wird. Das Buch kreist dabei um die Löcher und Lücken, die der Nationalsozialismus hinterlassen hat, thematisiert ihn aber dabei kein einziges Mal. Lesende werden mit der Frage, wo sich die ganzen Befürworter:innen und Kollaborateur:innen in Lübeck befinden, allein gelassen. Ihre Existenz wird verschwiegen und erzeugt mitunter den unangenehmen Moment des „ebenso Opfers“ sein. Der Roman „Brockesstraße Beletage“ böte hingegen aufgrund der vielen Nebenhandlungen auch eine Möglichkeit das Thema unaufdringlich einzuweben.
Was der 300-Seiten-Roman auf jeden Fall leistet, ist ein sehr nahbarer Einblick in das Nachkriegsdeutschland in Bezug auf Alltäglichkeiten: Ein Mocca faux, hier des Öfteren Mukkefukk bezeichnet, hinterlässt ein Lächeln. Man erfreut sich über das Wissen um Nylonstrümpfe, Lebensmittelbeschaffung, Flohbeseitigung oder Ausgehmöglichkeiten der damaligen Zeit in Lübeck. Sehr sanft und verhalten wird die Annäherung zwischen den beiden Frauen erzählt und doch bietet sich ein Exempel für die Migration der Gegenwart – Fremdes wird irgendwann zu Vertrautem:
„Frau Curtz stand auf der Türschwelle, die Hände in der Kittelschürze vergraben. Sie legte ihr ein Paket mit besoffenen Jungfern in die Korbtasche. „Damit sie gleich etwas zu essen haben in der neuen Wohnung und … danke“ sie blickte ihr langanhaltend in die Augen, „… und nennen Sie mich doch Alma.“
[Information] Anette L. Dressler | Brockesstraße Beletage | 312 Seiten | Stroux Edition |ISBN 9783948065287 | 24 Euro
Danke an Birgit Böllinger und dem Verlag für das Rezensionsexemplar.
Aber irgendjemand hatte die Blechkiste sorgfältig in das Öltuch gewickelt, wodurch der Inhalt sicher vor Nässe geschützt war. Die Person hatte sich das genau überlegt und gewissenhaft gearbeitet. Bruno schaut sich noch mal um. Niemand war in der Nähe. Er war allein, also öffnete er die Blechkiste.
Als der Schiffsbauingenieur Gustav Lainer im November 1907 nachts vor einen Güterzug stürzt, wird Inspector Bruno Zabini mit der Klärung des rätselhaften Todesfalles beauftragt. In 16 Tagen (vom 3. November bis zum 18. November) überschlagen sich in diesem Roman die Ereignisse: Er ist im Gegensatz zu anderen Inspektoren nicht davon überzeugt, dass Lainer den Freitod gewählt hat, arbeitete er doch in einer Werft der k.u.k. Kriegsmarine, die mächtige Schlachtschiffe bauen. Bald wird klar, dass Lainer Kopien der geheimen Baupläne der neuen Generation an Geschütztürme für Schlachtschiffen gestohlen hat, und mehrere Agenten diverser Nationalitäten hinter ihm her gewesen sind. Bruno versucht mit seinen Verbindungen in die Oberschicht und zum Geheimdienst den Fall zu lösen. Dabei kommen ihm nicht nur kriminelle Querelen in den Weg, da mittlerweile ein Agentenkrieg in Triest tobt, sondern auch jene privater Natur.
Als Lesende merkt man sehr schnell, dass Günter Neuwirth lange recherchiert hat und sich sehr viel in die Geschichte der Stadt Triest eingelesen hat – die polyglotte Bevölkerung dieser Zeit wurde eingewebt, die historischen Plätze beschrieben. Man begleitet den Inspector, wie er mit der Elektrischen fährt, der Bahnhof in Triest und die Molen spielen eine große Rolle. Spätestens hier wird Leser:innen das Reisefieber packen.
Wer sich aber klischeehaft ein Triest im Sommer vorstellt, wird herb enttäuscht werden: Neuwirth hat den Roman in den Spätherbst angesetzt, als die große Bora vor der Tür steht und schließlich über die Stadt fegt. Das Triest 1907 ist kalt, es wird geheizt, es fällt Schnee. Die ersten Kapitel des Romans sind fordernd für Leser:innen, die die beiden Vorgängerromane ( 1. Band: „Dampfer ab Triest“; 2. Band:“Caffe in Triest“) nicht gelesen haben, da man freiheraus den Liebesverhältnissen des Bruno Zabini ausgesetzt wird: Er pflegt zwei Liebesbeziehungen zu zwei Frauen gleichzeitig, die voneinander wissen und einander freundschaftlich verbunden sind, sowie das offene Beziehungskonstrukt gutheißen.
Das vorab eingefügte Personenverzeichnis hilft bei der Orientierung durch das 500 Seiten starke Buch und erweist sich als enorm hilfreich, als die eigentliche Handlung beginnt. Eine historische Stadtkarte von Triest in der Klassenbroschur wäre auch großartig gewesen, würde man doch gern die Wege mit dem Finger nachgehen, die Bruno während seiner Ermittlungen so macht. Neuwirth lässt an vielen Stellen offen, ob die handelnde Akteure Feind oder Freund sind, und die Grenze ist oft sehr fließend. „Sturm über Triest“ erweist sich in der Hinsicht nicht nur als guter Kriminalroman, sondern auch als exzellenter Spionageroman. Die oft sehr detailverliebten Beschreibungen erweisen sich in dem Kontext leider oft als hinderlich, trüben sie immer wieder den Blick auf die eigentliche Handlung. Nicht alle Akteur:innen sind für die fortführende Handlung relevant (und erklären ihr Erscheinen nur, sofern sie im nächsten Folgeroman eine Rolle spielen) und hätten mit ihrer Streichung eine Straffung der Nebenhandlungen zugelassen. Zum Schluss hin nimmt die Geschichte aber immer mehr an Fahrt auf und zwingt förmlich zum Weiterlesen.
Neuwirth vermittelt aber einen sehr genauen Blick auf den Habitus und die Konventionen der Donaumonarchie, besonders jene der oberen, adeligen Schicht. Er beschreibt, wie der Alltag für Angestellte und Adelige aussah, man bekommt ein gutes Gespür für den Umgang mit Bediensteten damals oder der früheren Kindererziehung.
Besonders gut gelungen sind Neuwirth vor allem die Dialoge in diesem historischen Kriminalroman:
„Die erste ist eigentlich eine rhetorische Frage, denn wenn Ihr sie bejahen könntet, wärt Ihr nicht mehr in Triest, dennoch stelle ich sie. Habt ihr die Baupläne?“
„Nein.“
„Wie gesagt, es war eine rhetorische Frage.“
„Was ist ihre zweite Frage?“
Als Lesende bleibt einem nur eine weitere Frage offen, nämlich: „Wann kommt der nächste Triest-Roman?“
| Informationen | Sturm über Triest. Günter Neuwirth. 512 Seiten. Gmeiner Verlag. ISBN: 978-3839204184. Klappenbroschur. Buch 18,50 € / E-Book 13,99 €
Ein herzliches Dankeschön an den Verlag für das Rezensionsexemplar.