Autor: katkaesk (Seite 13 von 22)

[Sterbenswörtchen] Alexander Greiner.


Wer sind diese großartigen Autor/-innen, die hie und da ein Sterbenswörtchen verlieren?  Mein letzter Gast für 2018 ist Alexander Greiner.  Alex (*1980) wurde in meiner Heimat in Mostviertel geboren, lebt mittlerweile in Wien und hat eine beachtliche Karriere hingelegt – vom Softwarenentwickler zum Unternehmensberater, verschiedene Intermezzi als Barista genauso wie Executive Housekeeper in Kroatien. Nichtsdestotrotz ist Alex ein großartiger Schriftsteller, der demnächst seinen Debütroman veröffentlichen wird. Bekannt wurde Alex durch Briefe aus dem Sturm – eine Anthologie, die perfekt für freie Tage ist und man Sehnsucht nach mehr hat. Alex hatte mit einem schweren Schicksalsschlag zu kämpfen – schließlich erhielt er die Diagnose Krebs.  Mit dem Wissen, wie schnell man in Richtung Endstation Leben fahren kann, hat er sich viele Gedanken gemacht:

Was bedeutet der Tod für dein Schreiben?

Der Tod ist ein Tabu und Tabus sind zum Brechen da. Wenn Menschen wie ich nicht darüber sprechen, wer tut es dann?

Als ich einem Freund von meiner Krebserkrankung berichtete, sagte er: »Beschäftige dich mit dem Tod.« Ich folgte dem Rat und lernte, dass im Leben oft das nicht Gesagte zählt: die unausgesprochenen Unklarheiten, die verschwiegenen Zwistigkeiten, Liebesbeweise, Entschuldigungen, Zugeständnisse und das Bitten um Vergebung. Wollen wir das alles mit ins Grab nehmen? Weil mir bewusst ist, dass ich sterbe, will ich all das, was mir wert ist nachzudenken, mit meinem Schreiben klären und all das,was mir wert zu sagen ist, in Sätze gießen. Da der Krebs überstanden scheint, werde ich dafür noch viel Zeit haben.

Wie politisch ist der Tod?

Warum die Politik den Tod konsequent ausblendet, ist mir schleierhaft. Wenn es sich um das Schnellfahren auf der Autobahn, die nebeldicht verqualmte Gastronomie, die Volksdroge Alkohol, häusliche Gewalt, Altersarmut und Abschiebung dreht, schert sich die Politik einen Dreck um den Tod. Wir leben es der Obrigkeit nach, weil wir uns nicht einschränken wollen – schließlich geht es um die persönliche Freiheit. Ist doch unser Problem, wann und wo und wieso wir uns einen Glimmstängel zwischen die Lippen schieben und den x-ten Schnaps in die Birne knallen. Oder nicht? Den Politiker_innen ist der Tod egal, weil sie nicht so weit blickt. Er liegt jenseits jeder Legislaturperiode und gehört zum Leben dazu. Ist das der Grund, warum sie ihn ignoriert? Weil er unaufhaltsam ist, wie die Politik es von sich selbst glaubt? In einem Punkt ist die Politik aber sehr wohl am Tod interessiert: wenn er sich populistisch instrumentalisieren lässt. Anhand solch pietätlosem Verhalten können wir erahnen, wie unaufhaltsam sich manche Politiker_innen wähnen.

Wie wirkt der Tod in sozialen Medien?

Eventuell liegt es an meiner Filterblase, dass mir der Tod in den sozialen Medien äußerst selten begegnet.Wenn ich auf ihn treffe, dann in zwei Fällen: Entweder durchbricht er das allgegenwärtige Delirium der Unterhaltungskultur, weil er eine prominente Person geholt hat oder jemand wie ich schreibt einen neuen Beitrag zu Tod und Sterben. Meistens ist es Zweiteres. Wenn eine prominente Persönlichkeit verstorben ist, sehe ich online Folgendes: Alle Welt ist aus dem Häuschen, wie unvorhergesehen jemand von uns gegangen ist, von der oder dem zuvor geglaubt wurde, sie oder er verweilte ewig unter uns. Schließlich gehört Prominenz uns allen und wir wollen nichts verlieren. Vielleicht sind die Menschen aber nur deshalb so entsetzt, weil sie für einen kurzen Moment erkennen, dass sie endlich sind. Sicher verfliegt diese Klarheit, alsbald sie durch neue Katzenfotos oder Trailer ihrer Lieblingsserie abgelenkt werden.

Was bleibt von Menschen, wenn sie nicht mehr sind?

Es bleibt Zeug zurück. Beim einen massenhaft, beim anderen weniger, wenn sie oder er schon zeitlebens auf Minimalismus setzte oder es zeitgerecht unter die Leute brachte. Das Materielle ist aber nicht das, was zählt. Was wirklich von Menschen bleibt, wenn sie uns verlassen haben, ist das, was sie ausgelöst und weitergegeben haben: ihre Werte, Lebenseinstellungen, Fähigkeiten und ihre Liebe. Das wirkt in jenen Menschen weiter, mit denen sie zu Lebzeiten intensiv in Kontakt standen. Wir sollten weniger schaffen und mehr wirken, um ein erfülltes Leben zu haben.

Was bleibt, wenn du gehst? Was geht, wenn du bleibst?

Wenn ich gehe, bleibt mein Geist in den Erinnerungen meiner Freund_innen und Familie. Hoffentlich behalten sie den Gedanken an einen liebevollen Menschen, der bewirkt hat, was in seiner Macht stand. Ich werde unzählige Notizbücher und das eine oder andere publizierte Buch zurücklassen. Diese verblassen jedoch, wenn ich nicht mehr bin.

Wenn ich bleibe, geht alles. Alles vergeht mit der Veränderung. Die Unbeständigkeit zieht sich konstant durch unser Leben. Sie istein ewiger Prozess, ohne den es kein Leben gäbe – oder es wäre bedeutungslos kurz. Mir gefällt die Idee, dass dieser stete Wandel das ewige Leben ist.

Welches Kunstwerk drückt den Tod am besten aus?

Viele verknüpfen den Tod mit der Farbe Schwarz. Ich nicht, denn er hat eine unbeschreibliche Weite, die jenach Stimmung in tiefes Blau, zeitloses Weiß oder sattes Rot getränkt ist. Wie die Drei-Farben-Trilogie des polnischen Regisseurs Krzysztof Kieślowski aus den frühen 1990er-Jahren. Kieślowskis Filmen sind die Themen Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit übergeordnet. Das hat zwar auf den ersten Blick nichts mit dem Tod zu tun, aber wie er diese Inhalte transportierte, zeigt mir, dass Leben und Tod dicht nebeneinanderliegen. Die Filme illustrieren Trauer, Verlust, Zäsur, Wut, Hoffnung, Reue, Fürsorge und viele weitere Aspekte von Sterben und Tod in unterschiedlicher Weise. Das Werk macht Mut. Schließlich sollten wir im Leben nicht zögern, in schwierigen Situationen Energie zu schöpfen und in Bewegung zubleiben. Damit wir selbstwirksam sind und Freiheit erlangen.

Wie viele Tode kann man sterben?

Wenn Veränderung das ewige Leben ist, können wir so viele Tode sterben, wie wir wollen. Wir haben es selbst in der Hand, ein Leben, das sich nicht gut anfühlt, aufzugeben. Das ist aber keine Ermutigung zum Suizid! Wir können das Leben jederzeit im Rahmen unserer Möglichkeiten verändern. Das ist eine Notwendigkeit. Alle sind aufgefordert, ihr Leben bewusst zu gestalten, statt fremdbestimmt einer Schablone nachzuleben. Dazu gehört, unpassende Lebensumstände zu beenden. Es belebt, den Tod einer solchen Lebensphase zu erfahren.

Welchen Zustand hat der Tod?

Ich glaube, der Tod ist deshalb so spannend und angsteinflößend, weil er flüchtig ist. Er ist nicht fassbar – im Gegensatz zum Sterben. Den Sterbeprozess können wir mit allen Sinnen wahrnehmen. Je nachdem, wie weit wir uns darauf einlassen, ermöglicht er uns, ihn bewusst zu erleben. Der Tod ist allerdings nur ein halber Atemzug.

Inwieweit beeinflusst der Glaube/Nichtglaube den Tod?

Der Glaube beeinflusst den Tod so weit, wie wir ihn zelebrieren. An diesem Punkt kann der Glaube unterschiedlich stark wirken und sogar maximalem Einfluss ausüben. Sterbe- und Trauerrituale und festgefahrene Traditionen beeinflussen unser aller Tod. Jeder Mensch ist angehalten, für sich zu überlegen, was zu seinem Leben passt und wie mit seinem Tod umgegangen werden soll. Der Nichtglaube beeinflusst den Tod ingenau derselben Weise, denn auch er ist letztendlich ein Glaube. Unsere Religionen bieten Thesen dafür, was beim und nach dem Tod mit uns passiert. Das ist aber nicht die Frage. Für mich geht es darum, dass »es« weitergeht, das Leben, oder eine Form von Leben, von der wir jetzt, in unserer aktuellen menschlichen Existenz, noch keine Vorstellung haben. Oder wer kann von sich behaupten, im Mutterleib das Leben in der Erdatmosphäre vorausgeahnt zu haben? Der Tod ist nicht das Ende von allem.

Was bedürfe einer Änderung in der Welt, bevor man geht?

Akzeptieren wir den Tod und überwinden wir die Angst davor. Nehmen wir ihn als das an, was er ist: Teil unseres Lebens. Lösen wir das Tabu auf und leben wir im Bewusstsein, dass unsere Körper nicht von Dauer sind. Leben wir so, wie es Bronnie Ware in ihrem Buch »5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen« darstellt: weniger arbeiten, die eigenen Gefühle ausdrücken, Kontakt zu Freund_innen halten, mehr Mut haben und glücklicher sein. Mag sein, dass das die Lösung vieler Konflikte auf der Erde wäre und für der hin das Menschenheil.

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[Sterbenswörtchen] Helmut Scharner.

Wer sind diese großartigen Autor/-innen, die hie und da ein Sterbenswörtchen verlieren? Meinen neuen Gast lernte ich als Roman in der Buchhandlung meines Vertrauens kennen.  Es war vorletztes Jahr an Weihnachten, als ich das Buch in die Hände nahm und die ersten Seiten anlas. Ich war erstaunt. Wirklich? Ein Kriminalroman über meine Heimat? Unsicher, dass dem tatsächlich so sei ging ich zu meiner Buchhändlerin, die meine Fragen mit „Ja, ein Debütkriminalroman! und ja, ein Autor aus unserer Gegend!“ beantwortete und in das Buch gleich ein Lesezeichen legte und mich fragte, ob ich denn wieder eine Stofftasche für den Mostviertler mithätte.  Schnell gekauft und gelesen, wusste ich, dass das etwas Längerfristiges zwischen mir und Helmut Scharner würde. Ich musste nicht lange warten und konnte im April 2017 den nächsten Roman lesen – Mostschlinge,  wie der erste Band im Gmeiner Verlag erschienen. Seitdem warte ich auf den nächsten Kriminalroman ganz ungeduldig.  Helmut hat bereits zwei weitere Romane geschrieben: Nordlicht oder Sari  und Blues und Tango. Bemerkenswert neben seinem schriftstellerischen Tätigkeiten ist, dass Helmut schon über 50 Länder bereist hat. Er hat sich auf eine weitere Reise eingelassen: Die mit mir über den Tod zu reden. Ich freue mich sehr, dass er mir Rede und Antwort stand:

 

Was bedeutet der Tod für dein Schreiben?
Da ich Kriminalromane schreibe, spielt der Tod in meinen Texten eine zentrale Rolle. Meine Leser begleiten nicht nur den Kommissar bei seiner Suche nach dem Täter, sondern sie leiden, trauern und hassen auch mit den Angehörigen der Opfer mit. Als Autor muss ich mich diesen Gefühlen meiner handelnden Figuren stellen, besonders schwer ist mir das in einer Szene gefallen, bei der sich eine meiner Figuren selbst das Leben nimmt.

 

Wie politisch ist der Tod?
Der Tod an sich ist nicht politisch und man hat auch nicht die freie Wahl, ob man sich für oder gegen den Tod entscheidet. Früher oder später ereilt er jeden. Die Politik jedoch hat Einfluss darauf, wann und wie der Tod die Menschen heimsucht. Gesetze können einen gesünderen Arbeitsplatz und einen sicheren Straßenverkehr bewirken und so für ein längeres Leben sorgen. Wenn Politik hingegen versagt, kann das für Menschen Elend und Tod bedeuten.

 

Wie wirkt der Tod in sozialen Medien?
Nach meiner Erfahrung wurde der Tod lange aus den sozialen Medien ausgespart, ist in den letzten Jahren aber sichtbarer geworden. Dabei stelle ich zwei unterschiedliche Strömungen fest. Einerseits zeigen Angehörige jetzt auch ihre Trauer in sozialen Medien und erhalten dadurch von ihren Freunden und Bekannten Anteilnahme. Ein Weg den man begrüßen kann. Andererseits wird der Tod jedoch auch von unterschiedlichen Gruppierungen missbraucht, um eigene Interessen zu verfolgen, Ängste zu schüren und auszugrenzen, was sehr bedenklich ist.

 

Was bleibt von Menschen, wenn sie nicht mehr sind?
Die Erinnerungen ihrer Angehörigen und Freunde und was sie erschaffen haben. Je nachdem wie intensiv und nachhaltig sie gelebt, geliebt und etwas erschaffen haben, bleiben sie also kürzer oder länger in Erinnerung.

 

Was bleibt, wenn du gehst? Was geht, wenn du bleibst?
Wenn ich gehe, lebt ein Teil von mir in meiner Tochter weiter. Wenn ich bleibe, kann ich mein Kind noch länger unterstützen und begleiten.

Als Autor bleiben meine bisherigen Romane zurück und viele bisher unveröffentlichte Textentwürfe. Wenn ich länger lebe, steigt die Wahrscheinlichkeit, etwas zu schreiben, das vielleicht über meinen Tod hinaus gelesen wird. Viele Autoren träumen wahrscheinlich davon, aller Voraussicht nach ist es mir, wenn ich Tod bin, jedoch vollkommen egal, ob ich zu diesem Kreis gehöre oder nicht.

 

Welches Kunstwerk (Buch,Film,Text, Musik, Bild) drückt den Tod am besten aus?
Hier gibt es viele Werke, die zu erwähnen wären, sofort ist mir jedoch eines in den Sinn gekommen – und zwar: Die Bücherdiebin von Markus Zusak.

Mittlerweile gibt es dazu auch einen gut umgesetzten Film, ich empfehle aber zuerst das Buch zu lesen. Markus Zusak und der Tod höchstpersönlich erzählen die Geschichte der kleinen Liesel in Deutschland während des zweiten Weltkrieges.

 

Wie viele Tode kann man sterben?

Nur einen Tod stirbt man letztendlich tatsächlich. Es können uns jedoch viele kleine Schritte dem Tod immer ein Stückchen näherbringen.
Unsere Mitmenschen können uns derart kränken oder solche Schmerzen zufügen, dass es sich jeweils wie ein „kleiner Tod“ anfühlt. Also können wir unzählige „kleine Tode“ sterben, solange wir sie zulassen und uns nicht wehren.

 

Welchen Zustand hat der Tod?
Den Tod selbst stelle ich mir als zustandslos vor. Die Frage aller Fragen lautet, kommt etwas nach dem Tod? Und falls ja, was?

 

Inwieweit beeinflusst der Glaube/Nichtglaube den Tod?
Glaube gibt uns Hoffnung, dass es nach dem Tod weitergeht. Der Gläubige vertraut darauf, wieder mit seinen Liebsten vereint zu sein und selbst mit dem Tod nicht vollkommen ausgelöscht zu werden. Regeln für ein gutes Zusammenleben wurden von den Geistlichen aufgestellt, mit dem Hinweis auf eine Hölle nach dem Tod, wenn wir uns nicht an ihre Vorgaben halten.

Leider wird der Glaube in seiner extremsten Form auch missbraucht und die Gläubigen werden manipuliert. Dabei spielt das Versprechen an ein besseres Leben nach dem Tod oft die zentrale Rolle.

Nichtgläubige können sich nicht an die Hoffnung an ein Leben nach dem Tod klammern. Sie müssen daher versuchen im Hier und Jetzt ein gelungenes Leben zu führen. Theoretisch könnte also der Gläubige im Angesichts des Todes hoffnungsfroh sein und der Ungläubige traurig oder verzweifelt. Letztendlich liegt es an jedem Menschen, wie er damit umgeht, hilfreich ist mit Sicherheit, egal ob gläubig oder nichtgläubig, wenn man im Angesicht des Todes auf ein erfülltes Leben zurückblicken kann.

 

Was bedürfe einer Änderung in der Welt bevor man geht?
Leider viel, insofern kann ich hier nur einige Beispiele nennen. Oft habe ich das Gefühl, selbst zu wenig bewirken zu können, obwohl man im Kleinen beginnen muss. Meine Familie und ich schaffen es, lokale Biolebensmittel zu kaufen, um einerseits die heimischen Bauern zu fördern und andererseits dem Einsatz von Pestiziden entgegenzuwirken. Hier gibt es in Österreich viele Menschen, die ähnlich handeln und dadurch wird dann auch tatsächlich etwas bewegt und geändert.

Meiner Meinung nach wäre es wichtig, den Menschen die Angst vor dem Fremden und Unbekannten zu nehmen. Dadurch hätten Politiker und Extremisten weniger Möglichkeiten mit hohlen Phrasen und Ausgrenzung ihre Anhänger zu gewinnen, zu polarisieren und die Menschen gegeneinander aufzuhetzen.

 

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[Sterbenswörtchen] Raoul Eisele.

Wer sind diese großartigen Autor/-innen, die hie und da ein Sterbenswörtchen verlieren? Mein Gast ist diesmal Raoul Eisele, Jahrgang 1991, der seit vielen Jahren eine junge Generation in Österreich mit seiner fantastischen Lyrik begeistert. Raoul hat in vergleichende Literaturwissenschaften und deutsche Philogie in Wien studiert und erobert gegenwärtig die Theaterbühnen von Berlin. Ganz besonders erwähnenswert ist seine Karriere als Lyriker in diversenen Literaturzeitschriften und -magazinen. So hat es Raoul schon in das DUM, etcetera, Triëdere, silbende_kunst und ins ]trash[pool geschafft. In der Edition Yara hat Raoul letztes Jahr sein Debut mit dem Lyrikband „morgen glätten wir träume“ hingelegt. Raoul ist umgänglich und großartig und ist mit dem folgenden Interview Teil der Reihe [Sterbenswörtchen]:

 

Was bedeutet der Tod für dein Schreiben?

In einer Stadt wie Wien, ist der Tod ein ewiger Begleiter. Ebenso wie mich die Liebe begleitet. Beide bedingen die Literatur und beide bedingen auch meine Literatur – ohne jene gefühlsausbrechenden Handlungen, die mit der Liebe als auch dem Tod einhergehen, wäre vieles leer geblieben. Ich denke daher, dass der Tod für mich genauso Flamme sein kann, wie es die Liebe ist, und tritt daher in meinem Schreiben oftmals deutlich auf.

Wie politisch ist der Tod?

Der Tod ist in seinen Grundzügen unpolitisch, doch wird er immer wieder für diese missbraucht. Horváth schreibt, beispielsweise über den Zusammenhang zwischen Kirche und dem Staat, die sich gegenseitig bedingen. In unserer Gesellschaft sind des Weiteren der Tod und die Kirche bis heute verschmolzen. Daher kann sich der Tod nicht unpolitisch zeigen bzw. von der Religion abgrenzen. Der Tod an sich wäre aber ohne den Menschen als Begrifflichkeit bloßes Gegengewicht zum Leben, doch durch ihn ist der Tod zu etwas religiös Politischem gemacht worden und wird es auch weiterhin bleiben.

Wie wirkt der Tod in sozialen Medien?

Das Thema Tod wird in den sozialen Netzwerken immer wieder aufgegriffen, sei es um sich mitzuteilen und einen geliebten Menschen öffentlich zu betrauern oder sei es bloße Inszenierungsfreude. Trotz allem bleibt der Tod, der in den sozialen Medien gezeigt wird, oftmals nur ein Ausschnitt, eine Miniatur der gesamten Geschichte, die hinter der Trauer steckt und somit zumeist nur ein Aufmerksamkeitshaschen nach Trauersmileys und oberflächlich nett gemeinten Worten. Meiner Meinung nach kann und sollte Trauer nur im Stillen passieren, im engen Kreis, jener geliebten Menschen, die einem über die Trauer wirklich hinweghelfen können. Daher sollte diese nicht an die Öffentlichkeit getragen werden.

Ein Verschweigen der Todesthematik sollte aber auch nicht passieren. So ich bereits gesagt habe, dass man nicht davon loskommt, den Tod auch politisch (als politisches Mittel) anzusehen, ist es notwendig über gewisse Themen journalistisch/geschichtlich/literarisch korrekt zu berichten und auf mögliche Widrigkeiten aufmerksam zu machen, die den Tod miteinschließen. Diese Berichterstattung erfolgt mittlerweile eben auch oft über soziale Medien und ist für mich dann wiederum in Ordnung. Denn ein Vergessen bzw. ein Ausschließen dieses Themas kann oftmals schwerwiegende Folgen nach sich ziehen.

Was bleibt von Menschen, wenn sie nicht mehr sind?
Was bleibt, wenn du gehst? Was geht, wenn du bleibst?

Dass mich gerade jetzt das Thema Tod so einnimmt, wo ich gerade 27 geworden bin und das nächste Stück, welches ich in Berlin am Theater mitbetreue, sich mit der Trauerarbeit auseinandersetzt, wirkt fast schon etwas beängstigend und ironisch zu gleich.

Wenn ich glauben sollte, dass meine Schreibtätigkeit etwas hinterlässt, dann würde ich mich naiv nennen, da nur Weniges über ein Leben hinaus bestehen bleibt (nicht immer qualitativ begründbar). Schreiben hinterlässt zwar etwas Erdachtes von einem Menschen, hält es auf Papier fest, aber gleichzeitig bleiben es bloß Worte auf Papier, die nach einer gewissen Zeit vergilben und irgendwann gar nicht mehr sind. Ich denke daher, dass nichts bleibt, wenn ich gehe, ebenso wenig bleibt auf Dauer gesehen von jemandem etwas übrig, wenn andere gehen und ich zurückbleibe. Zwar habe ich Erinnerungen – doch der Verstand ist wie das beschriebene Papier, auch das altert und hinterlässt schlussendlich nur Leerstellen. „Bloß die Zeit rauscht unter dem Brückenbogen“[1] unbekümmert weiter.

 

Welches Kunstwerk (Buch, Film, Text, Musik, Bild) drückt den Tod am besten aus?

Ein einzelnes Kunstwerk zu benennen, das den Tod am „besten“ ausdrückt, käme mir falsch vor. Ich denke, es würde vieles ausklammern, das ebenso genannt werden muss. „Immer wenn ich leben will“ von Halina Poświatowska zählt für mich in der Literatur zu den ganz wichtigen Werken über den Tod und die Liebe. Unbedingt zu nennen ist für mich auch „Mohn und Gedächtnis“ von Paul Celan. Auch die Texte Martin Peichls z.B. „1000 Tode“ oder „Einen Wald geerbt“ haben mich stark berührt. Doch nicht nur die Literatur setzt sich mit dem Tod auseinander. Richard Wagners Oper „Tristan und Isolde“ findet für mich jenen Ausdruck, der im Tod eine unglaubliche Schönheit mitschwingen lässt. Auch Aktionskünstler wie Günter Brus, Rudolf Schwarzkogler und Hermann Nitsch schaffen eine Ästhetik des Todes. Frida Kahlos Gemälde „Der verletzte Hirsch“ oder „Ohne Hoffnung“ müssen hier unbedingt auch noch genannt werden. Und seit gestern packten mich auch wieder die „dunkelgrauen Lieder“ von Ludwig Hirsch. Doch alle Genres der Kunst gehen mit dem Thema Tod auf ihrer Weise um und bringen Meisterwerke hervor, wo mir hier die Seiten fehlen, um sie alle aufzuzählen.

Wie viele Tode kann man sterben?

Da bin ich pragmatisch; ich denke, sobald man stirbt, wars das. Daher nur einen, auch wenn gewisse peinliche Begebenheiten einen sprichwörtlich schon mehrere Male 1000 Tode sterben ließ.

Welchen Zustand hat der Tod?

Wenn der Tod einen Zustand hätte, so würden wir uns nicht davor fürchten in diesen zu gehen. Ich denke, man kann ihn nicht bestimmen und doch würde diese Zustandslosigkeit wohl eine Leerestelle sein, ein Zustand des Nichts, welchen wir ebenso auf Erden zurücklassen, sobald wir ihn betreten.

Inwieweit beeinflusst der Glaube/Nichtglaube den Tod?

Der Tod wird wie schon bei der Frage nach der Politik auch von der Religion vereinnahmt und stellt einen Ausweg dar, für all jene, die sich mit dem Tod nicht auseinandersetzen wollen. Die Hoffnung an ein nächstes Leben oder den Einzug in Paradies wirkt natürlich verlockend; vermutlich aber auch im Nichtglauben steckt eine solche Hoffnung. Denn somit muss man sich nicht verantworten, für alles, was man auf der Welt getan hat und wie man diese hinterlässt. Ich selbst bin kein gläubiger Mensch und denke auch nicht, dass mich ein Paradies oder ein Nirvana erwartet, sollte ich nicht mehr sein, trotzdem nimmt der Tod Einfluss auf ein jedes Leben (auch bei mir), egal ob es nun von einem Glauben oder Nichtglauben mitgeprägt ist, ganz wird man sich dem nie entziehen können.

Was bedürfe einer Änderung in der Welt bevor man geht?

Momentan haben wir nicht nur politisch viel aufzuarbeiten, sondern auch ökologisch/ökonomisch. Vieles in der Welt hat momentan eine Schieflage bekommen und sollte geändert werden, auch wenn es mit Einschränkungen verbunden ist (auch ich sollte mir dabei den Spiegel öfters vorhalten).

Wichtig wird sein, die Welt so zurücklässt, dass ein Weiterleben garantiert ist.

[1] Nach Günter Eichs Gedicht „Ende eines Sommers“

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[review] Zehn Bücher, die Madame so im August gelesen hat.

Gut, der August ist jetzt schon wieder eine Woche her, aber man kommt trotzdem nicht umhin kurz zu präsentieren, welche Bücher ich im August gelesen habe. Man muss sagen: Es war ein Lyrikschwerpunkt meinerseits zu verzeichnen und ich habe mich sehr mit Gedichten betrunken und es war wunderschön.

 

1/10 – Arthur Conan Doyle – The Adventures of Sherlock Holmes

Das erste Abenteuer von Sherlock Holmes und die Geschichte, wie er Watson kennenlernt. Ein seltsamer Koffer und eine tote Frau.Und andere 11 weitere Kurzgeschichten. Habe das Buch in der Neuverfilmung natürlich auf Netflix gesehen und habe daher dieses Buch in Form eines Hörbuches sehr genossen. Zudem ist es so nett,  gutes Englisch zu hören. Doyle hat so eine schöne gestelzte klare Sprache. Großartig!

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The Adventures of Sherlock Holmes
Arthur Conan Doyle
Hörbuch bei Libri Vox
Dauer: 13:29:27

 

2/10 Découvrir la France – Iréne Kuhn

Um mein Französisch zu verbessern, habe ich ein Buch in ebendieser Sprache gelesen. Katia und Pierre machen eine Reise durch ganz Frankreich, die im Elsass startet und in Südfrankreich endet. Es sind witzige Dialoge in dem Buch und viele hilfreiche Redewendungen. Für das erneute Atmen der Sprache und weiter vertiefen ein ideales Buch, da auf jeder zweiten Seite die Übersetzung steht. Sie essen viel, sie trinken viel und man mag Frankreich danach definitiv noch ein bisschen mehr.

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Décrouvrir la France
Iréne Kuhn
dtv Verlag
160 Seiten
Preis: 10,20 €

 

3/10 Heldensommer   – Andi Rogenhagen

Ich fuhr nach bzw. blieb in Frankreich verhaftet und hab Philipp kennengelernt. Philipp ist ein 15jähriger unleidlicher Teenager, der alle auf der Welt hasst. Um seinem Französischlehrer etwas zu Fleiß zu tun, der ihn durchfallen ließ, beschließt die Statue in der Heimatstadt seines Französischlehers zu köpfen und ihm einen Kopf eines Wehrmachtssoldaten aufzusetzen. Es kommt zu allerlei Trubel, Geldnot und pure Verzweiflung. Und es wäre kein lustiges Roadtripbuch, wenn nicht auch etwas Liebe dabei wäre. Ich hab sehr viel gelacht, auch alleine schon deswegen, weil ich froh bin, nicht mehr so blöd zu sein wie zu Teenagerzeiten.

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Heldensommer
Andi Rogenhagen
Bastei Luebbe
348 Seiten
Preis: 9,30 €

 

4/10 Milk and honey – Rupi Kaur

Die Bücher hab ich in Budapest gesehen und mich so verliebt in sie. Zunächst eher wegen der Zeichnungen, später erst wegen der harten, klaren Worte. Das Buch ist ein Lehrwerk dafür, dass manche Gedichte nur in einer Sprache funktionieren, ohne dass sie plump wirken. Die Gedichte handeln von Missbrauch, Feminismus und Selbstliebe. Von Familie und Emigration. Ein sehr schöner Lyrikband.

|Information|Bildergebnis für milk and honey
Milk & honey
Rupi Kaur
Createspace
204 Seiten
Preis: 9,99 €

5/10 The sun and her flowers – Rupi Kaur

Dieser Lyrikband ist der zweite Lyrikband von Rupi Kaur und behandelt ähnliche Themen wie milk & honey. Man merkt, dass der Band weniger leidenschaftlich ist, weniger mit Herzblut geschrieben ist und schon mehr auf die Außenwirkung bedacht ist. Schade eigentlich. Aber auch hier finden sich zumindest hie un da noch wirklich lesenswerte Gedichte.

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The sun and her flowers
Rupi Kaur
Simon & Schuster Books for Young Readers
256 Seiten
Preis: 12,99€

 

 

6/10 Könnte ich meine Sehnsucht nach dir sammeln – Zoran Drvenkar / Corinna Bernburg

Ich bin ja permanent seit 10 Jahren in Zoran Drvenkar verliebt und das hat auch seinen guten Grund, ich bin so hingerissen von seiner Lyrik. Das Buch ist eine gemeinsame Arbeit zwischen Corinna Bernburg und Zoran Drvenkar. Sie haben ein Jahr lang miteinander gearbeitet. Sie hat jeden Tag ein Foto gemacht, er hat jeden Tag zum Foto ein Gedicht geschrieben. Er hat jeden Tag ein Gedicht geschrieben, sie hat jeden Tag dazu ein Foto gemacht. Manchmal machte sich die pure Verzweiflung breit, weil kein passendes Foto oder passendes Gedicht zur Verfügung zu stehen scheint. Aber: Sie stehen zur Verfügung. Die Fotos sind großartig und erst die Gedichte. Das Buch ist das erste von vier. Ich warte schon sehnlichst auf das Erscheinen der anderen drei Bücher. Diese Gedichte – das ist zwangsläufiges Verlieben müssen. Ein Glückskauf noch dazu – das Buch ist mittlerweile vergriffen.

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Könnte ich meine Sehnsucht nach dir sammeln
Zoran Drvenkar und Corinna Bernburg
cbj Verlag
199 Seiten
Preis: 24,99€

 

7/10 Bandsalat und Bildgewitter – Harald Vogl

Die Lesung vom Harry war super und erst die Gedichte – sie waren gespickt mit den Erinnerungen meiner Eltern an die Siebziger, mit Musik, die ihnen von damals blieb. Ich hab nun ein signiertes Buch mit einer Textzeile von The Who.  Es waren nicht nur ein Bildgewitter – sie haben einen Kopfsalat hinterlassen und zwar kreativer Art.

|Information|http://www.literaturedition-noe.at/images/buecher/2018/bandsalat-gross.jpg
Bandsalat und Bildgewitter
Harald Vogl
Literaturedition NÖ
78 Seiten
Preis: 20 €

 

 

8/10 Sprachvorspiele  – Herbert J. Wimmer / Marion Steinfellner

Das Buch hat wunderbare Grafiken von Marion Steinfellner, die weitaus aufwendiger waren als die Gedichte in dem Buch. Es hat mir mit Abstand am wenigsten gefallen. Nur Liebesgedichte sind anstrengend, wenn man keine Leidensgedichte lesen darf. Das große Aber an diesem Buch lässt sich in zwei Punkten zusammenfassen. Zum einen: die Gedichte hätten mehr gewollt und gekonnt und anderen: Ich mag die Farbe Gelb nicht und das ganze Buch ist voll damit. Das ist anstrengend.

|Information|Bildergebnis für Sprachvorspiele Herbert J. Wimmer
Sprachvorspiele
Herbert J. Wimmer, Marion Steinfellner
Literaturedition NÖ
120 Seiten
Preis: 20 €

 

 

9/10 Konfrontation – Maria Seisenbacher/Hermann Niklas

Oh, wie gefiel mir dieses Buch, es ist so furchtbar ästhetisch, dass man davon träumen muss. Die Gedichte von Hermann und Maria sind so super und ich freue mich echt über das liebe Geschenk. Ich mag die Zwiesprache und das Duell darin, diese satte Sprache. Die Artwork von Goto ist auch sehr, sehr großartig.

|Information|Bildergebnis für Konfrontationen Maria Seisenbacher
Konfrontationen
Maria Seisenbacher/ Hermann Niklas
Literaturedition NÖ
70 Seiten
Preis: 20€

 

 

10/10 Der Junge im gestreifen Pyjama – John Boyne

Bruno und seine Familie müssen auf das Land ziehen, er weiß zunächst nur, dass es weit weg von Berlin ist. Es riecht dort komisch und Brunos Vater kommen Soldaten besuchen und irgendwann auch der „Furor“. Bruno hasst es dort und versucht der Situation zu entkommen, in dem er die Gegend etwas erkundet. Auf einer seiner Erkundungstouren lernt Bruno den Jungen Smuel kennen, der total verdreckt ist und hinter einem Zaun sitzt. Bruno und Smuel freunden sich an und Bruno wird Opfer des Systems, da er  als 9jähriger nicht erkennen kann, warum die Menschen hinter dem Zaun die gestreifen Pyjama tragen, noch was dieses „Auswisch“ ist. Ein historisch fragwürdig recherchiertes Buch, in dem man tatsächlich ein großes Manko sehen kann, weil es den Schrecken des Nationalsozialismus nicht abbildet dadurch. Ein Buch trotzdem, dass man Kindern zum Lesen geben kann, wenn man sie auf das Thema hin schulen möchte. Den Film habe ich zuvor schon gesehen, er hatte großen Eindruck hinterlassen, auch wenn er vom Buch divergiert.

|Information|
Der Junge im gestreiften Pyjama
John Boyne
Fischer Verlag
266 Seiten
Preis: 9,30€

[review] Die Stille meiner Worte | Ava Reed

Buch

All die ungesagten Worte in mir sind Verständnis und Unterverständnis zugleich, sind sind Einsamkeit und Gesellschaft, sie sind mein Gefängnis und meine Freiheit. Sie sind wie Fremde, die mich umarmen, und wie Freunde, die mir den Rücken kehren. Sie sind da und sie können nicht heraus – sie sind wie ich.

Hannah schreibt Briefe an Izzy. Sie liebt Izzy über alles und nun ist Izzy fort. Izzy ist tot und Hannah kann gegen ihre Gefühle nichts machen. Mit Izzy sind auch die Worte gegangen und so wird die 17-jährige Hannah stumm. Hannahs Eltern verzweifeln und melden Hannah schlussendlich in einem Camps an für Jugendliche mit Problemen und gleich dazu in die Schule in St. Anna, eine spezielle Schule für spezielle Jugendliche. Hannah will das alles nicht, fügt sich aber ihrem Schicksal. Nicht ganz, denn sie entführt unerlaubt Izzys Katze mit aufs Camp. Im Camp lernt sie Levi kennen, der als „Gast“ mit ist. Levi versucht Hannah zum Sprechen zu bringen und erfährt, ohne dass Hannah spricht, nach und nach das tragische Schicksal von Izzy…

Autorin

Ava Reed (*1987) heißt eigentlich Sabrina und ist Lehrerin für Geschichte und katholische Religion für Haupt- und Realschulen. Sabrina lebt mit ihrem Freund in Frankfurt am Main und ist vielen Menschen als Buchbloggerin bekannt. Unter ihrem Pseudonym hat sie mehrere Bücher veröffentlicht, die Stille meiner Worte ist dieses Jahr im März erschienen.

Ansicht

Was liest man so als leichte Sommerlektüre? Ein Buch, das auf dem Cover eine Frau und eine Katze zeigt. So schnell ist man gefangen, als Crazy Cat Lady und einem Cover mit einer meiner Lieblingsfarben. Und wenn jemand, so wie Hannah Briefe schreibt und verbrennt, klingt das auch gut. Punkt an die Autorin: Eine Geschichte zu erzählen, in der die Protagonistin nicht redet und sich die Geschichte, aber um ebenjene dreht, ist schon ein ziemlich guter Clou.  Der Schreibstil ist emotional und packend, einfach geschrieben, mehr auf die Gedankenwelt abzielend als auf die äußere. Fairerweise muss man sagen, dass ich das Buch nicht gelesen hätte, wenn ich gewusst hätte, dass ein Jugendcamp vorkommt. Davon wollte ich eigentlich Pause machen. Zudem gibt es für mich entgegen anderer Rezensionen doch Kritikpunkte: Achtung! Spoiler! Levi bringt Hannah eines Tages doch noch zum Reden. Schön für die Geschichte, aber: Es enthält wieder dieses Beschützer und Prinzprinzip. Ich hätte es viel cooler gefunden, wenn eine ihrer Freundinnen zuerst das Vergnügen gehabt hätte. Wenn man ein Buch über den Tod schreibt, würde ich mir wünschen, dass der theoretische Background subliminal zu spüren ist. Der Schock wird am Anfang noch beschrieben, dann widmet sich das Buch fast bis zum Schluss nur dem Gefühlschaos. Das Sich-Trennen und Suchen kommt leider nicht vor. Die Neuorientierung wird relative schnell abgegolten. Besonders die Neuorientierung, die ein großer Kampf ist und Rückschläge enthält, hätte dem Buch gut getan. Aus meiner beruflichen Erfahrung sprechend: Hannah hätte in diesem Buch wohl mit ihrem Mutismus eine amublante Behandlung bekommen. Schulen, wie hier das beschriebene St. Anna, sind für gewöhnlicherweise an einer Kinder- und Jugendpsychatrie angeschlossen. Es gibt optional private Ersatzschulen, die jedoch maximal den Realabschluss ermöglichen. So tief und ergreifend die Geschichte geschrieben wurde, muss man eines dabei mitbedenken: Orte wie St. Anna sind alles andere als reizvoll. Aber es wäre reizvoll gewesen,wenn man diese Recherche eingebaut hätte sehen können. Aber: Es ist ein Jugendbuch. Es könnte mehr leisten, muss es aber auch nicht.  Das Buch leistet trotzdem einen guten Beitrag mit seinen Briefen im Buch und der Ausgestaltung der Charaktere.

Information

Die Stille meiner Worte
Ava Reed
ueberreuter
320 Seiten, gebundene Ausgabe: 17.50€

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