»Vermutlich ist es leichter, unbefleckt schwanger zu werden, als einen Bestseller zu schreiben.«
Susanne Kristek möchte eines: Sie will eine bekannte Autorin im deutschsprachigen Raum sein und beschreibt ihr Autorinnenleben in jenem Zeitraum, in dem sie zwei Bücher schreibt. Ihr erstes Buch „Nur die Liege zählt“ wird veröffentlicht, als Corona gerade das erste Mal zuschlägt – Buchmessen und Lesungen werden abgesagt, es gibt keine Möglichkeit, ein Buch auf gewohntem Wege zu promoten. Sie greift zu unüblichen Methoden, die ihr auch die Bezeichnung und somit den Buchtitel „Die nächste Depperte“ einbringt. Kristek lernt in diesem Zeitraum auch Martina Parker kennen, die zur „Schreibschwester“ mutiert und mit ihrem Debüt einen Bestseller landet. Kristek steckt das gut weg, sie erfindet eine Lesebühne zum Mitsingen im Breitenseer Kino, gründet einen Podcast und macht Schreibworkshop, wie jenen von Hera Lind in Salzburg. Ein Kinderbuch über Hamster am Wiener Zentralfriedhof soll ihr nächstes Projekt sein. Die Erkenntnis, dass es alles andere als leicht ist, ein Kinderbuch zu schreiben, lässt nicht lange auf sich warten… Susanne Kristek gewährt Einblicke in die Höhen und Tiefen des Autor:innenlebens und lässt Lesende teilhaben an ihrem Alltag als Mutter und Ehefrau. Der Abgabetermin ihres zweiten Buch „Die nächste Depperte“ beendet das Buch – Leser:innen halten also die Reise bis zum nächsten Buch in ihren Händen.
Susanne Kristek beweist, dass man für das Schreiben von Büchern vor allem eines braucht: Ein Netzwerk und Vermarktungsstrategien. Als Agenturleitung bei Sales Crew hat sie genug Insiderwissen, um ihr Buch an den Menschen zu bringen. Wie wichtig netzwerken ist, beschreibt sie anhand der Personen, die sie trifft: Die Bestsellerautorin Martina Parker, „Black Out“ Autor Marc Elsberg, den Schauspieler Manuel Rubey oder die bekannte Buchhändlerin Petra Hartlieb. Ebenso netzwerkt sie auch mit Hilfe von Facebook. Dort postet sie ihre Begebenheiten, schreibt literarische Texte, schreibt Messenger-Nachrichten und erstellt Stories. Es erweist sich als Learning für Außenstehende: Bücher schreiben ist nicht der größte Teil, die Positionierung in der Online-Welt ist mindestens genauso wichtig.
Nach eingehender Recherche bezüglich Schreibworkshops, die Kristek im Laufe so absolviert wird den Lesenden auch klar: Man steckt nicht nur sehr viel Energie in das Schreiben eines Buches, sondern auch sehr viel eigenes, finanzielles Kapitel (das Schreibwochenende bei Hera Lind kostet über 2000 Euro), wenn man erfolgreiche Autorin werden möchte.
„Ich habe das aus einem Youtube-Kurs „In zehn Minuten“ zum ultimativen Erfolg!“, war der vielversprechende Titel. […] Um dann weiter auszuführen, dass man seine Ziele visualisieren soll. Man soll das bildhaft vor sich haben, was man sich wünscht. „Nach den „10-Minuten-zum-ultimativen-Erfolg“ habe ich im Internet ein Foto von Ildikó von Kürthy und Thomas Glavinic gesucht, in Farbe ausgedruckt und beide mit einem Tixo auf die Wand unmittelbar vor meinem Arbeitsplatz (=Nachtkästchen) -geklebt.“
Die durch und durch sympathische Schriftstellerin wird es sich hier an der Stelle mit einigen Lesenden mit ihrem Literaturvorbildern verscherzen; zudem bekannt ist, dass Glavinic sich eine öffentliche Auseinandersetzung mit Stefanie Sargnagel geliefert hat, dabei mit Fatshaming-Kommentaren negativ aufgefallen ist oder betrunken Nacktfotos auf Facebook postete.
Der Humor in Kristeks Buch ist nicht immer verständlich für jüngere Menschen, wenn dort Referenzen auf die Löwinger Bühne, Michelle und Matthias, oder FS1 und FS2 gemacht werden. Schwierigkeiten bzgl. der Verständlichkeit dürfte es an manchen Stellen auch für Menschen geben, die nicht in Österreich leben. Das Buch ist durch und durch eingefärbt von der Situationskomik und dem Mindset der Generation X, in dem Pubertiere natürlich auch nicht fehlen dürfen und bewusste Entscheidungen gegen das Gendern getroffen werden.
Dennoch sind manche Begebenheiten in Susanne Kristeks Leben sehr humorvoll und lustig zu lesen, sei es der Kampf mit dem Hamster-Kinderbuch, der Kampf mit der aufblasbaren Palme oder Geldscheine, die in Abfallbehälter hineingezogen werden. Besonders witzig ist, als die Autorin versucht ihr eigenes Buch in den Buchhandlungen sucht und auch das Personal darauf ansetzt. Auch hier erfährt man, dass knapp 70.000 Bücher jedes Jahr neu im deutschsprachigen Raum verlegt werden und dass man Glück haben muss, wenn man häufig als Autor:in am Büchertisch aufliegt.
„Die nächste Depperte“ darf gerne am Büchertisch etwas Platz finden. Für alle, die derselben Generation angehören, wird der Humor Kristeks mitreißen, für alle anderen ist es ein spannender Einblick in die Literaturszene nicht mehr ganz so junger Autor:innen.
|Information| Susanne Kristek: Die nächste Depperte. Gmeiner Verlag. 300 Seiten. ISBN: 978-3-8392-0404-7. Preis: 16,50.
Dankeschön für das Rezensionsexemplar an den Gmeiner Verlag.