Schlagwort: Helmut Scharner

[Sterbenswörtchen] Helmut Scharner.

Wer sind diese großartigen Autor/-innen, die hie und da ein Sterbenswörtchen verlieren? Meinen neuen Gast lernte ich als Roman in der Buchhandlung meines Vertrauens kennen.  Es war vorletztes Jahr an Weihnachten, als ich das Buch in die Hände nahm und die ersten Seiten anlas. Ich war erstaunt. Wirklich? Ein Kriminalroman über meine Heimat? Unsicher, dass dem tatsächlich so sei ging ich zu meiner Buchhändlerin, die meine Fragen mit „Ja, ein Debütkriminalroman! und ja, ein Autor aus unserer Gegend!“ beantwortete und in das Buch gleich ein Lesezeichen legte und mich fragte, ob ich denn wieder eine Stofftasche für den Mostviertler mithätte.  Schnell gekauft und gelesen, wusste ich, dass das etwas Längerfristiges zwischen mir und Helmut Scharner würde. Ich musste nicht lange warten und konnte im April 2017 den nächsten Roman lesen – Mostschlinge,  wie der erste Band im Gmeiner Verlag erschienen. Seitdem warte ich auf den nächsten Kriminalroman ganz ungeduldig.  Helmut hat bereits zwei weitere Romane geschrieben: Nordlicht oder Sari  und Blues und Tango. Bemerkenswert neben seinem schriftstellerischen Tätigkeiten ist, dass Helmut schon über 50 Länder bereist hat. Er hat sich auf eine weitere Reise eingelassen: Die mit mir über den Tod zu reden. Ich freue mich sehr, dass er mir Rede und Antwort stand:

 

Was bedeutet der Tod für dein Schreiben?
Da ich Kriminalromane schreibe, spielt der Tod in meinen Texten eine zentrale Rolle. Meine Leser begleiten nicht nur den Kommissar bei seiner Suche nach dem Täter, sondern sie leiden, trauern und hassen auch mit den Angehörigen der Opfer mit. Als Autor muss ich mich diesen Gefühlen meiner handelnden Figuren stellen, besonders schwer ist mir das in einer Szene gefallen, bei der sich eine meiner Figuren selbst das Leben nimmt.

 

Wie politisch ist der Tod?
Der Tod an sich ist nicht politisch und man hat auch nicht die freie Wahl, ob man sich für oder gegen den Tod entscheidet. Früher oder später ereilt er jeden. Die Politik jedoch hat Einfluss darauf, wann und wie der Tod die Menschen heimsucht. Gesetze können einen gesünderen Arbeitsplatz und einen sicheren Straßenverkehr bewirken und so für ein längeres Leben sorgen. Wenn Politik hingegen versagt, kann das für Menschen Elend und Tod bedeuten.

 

Wie wirkt der Tod in sozialen Medien?
Nach meiner Erfahrung wurde der Tod lange aus den sozialen Medien ausgespart, ist in den letzten Jahren aber sichtbarer geworden. Dabei stelle ich zwei unterschiedliche Strömungen fest. Einerseits zeigen Angehörige jetzt auch ihre Trauer in sozialen Medien und erhalten dadurch von ihren Freunden und Bekannten Anteilnahme. Ein Weg den man begrüßen kann. Andererseits wird der Tod jedoch auch von unterschiedlichen Gruppierungen missbraucht, um eigene Interessen zu verfolgen, Ängste zu schüren und auszugrenzen, was sehr bedenklich ist.

 

Was bleibt von Menschen, wenn sie nicht mehr sind?
Die Erinnerungen ihrer Angehörigen und Freunde und was sie erschaffen haben. Je nachdem wie intensiv und nachhaltig sie gelebt, geliebt und etwas erschaffen haben, bleiben sie also kürzer oder länger in Erinnerung.

 

Was bleibt, wenn du gehst? Was geht, wenn du bleibst?
Wenn ich gehe, lebt ein Teil von mir in meiner Tochter weiter. Wenn ich bleibe, kann ich mein Kind noch länger unterstützen und begleiten.

Als Autor bleiben meine bisherigen Romane zurück und viele bisher unveröffentlichte Textentwürfe. Wenn ich länger lebe, steigt die Wahrscheinlichkeit, etwas zu schreiben, das vielleicht über meinen Tod hinaus gelesen wird. Viele Autoren träumen wahrscheinlich davon, aller Voraussicht nach ist es mir, wenn ich Tod bin, jedoch vollkommen egal, ob ich zu diesem Kreis gehöre oder nicht.

 

Welches Kunstwerk (Buch,Film,Text, Musik, Bild) drückt den Tod am besten aus?
Hier gibt es viele Werke, die zu erwähnen wären, sofort ist mir jedoch eines in den Sinn gekommen – und zwar: Die Bücherdiebin von Markus Zusak.

Mittlerweile gibt es dazu auch einen gut umgesetzten Film, ich empfehle aber zuerst das Buch zu lesen. Markus Zusak und der Tod höchstpersönlich erzählen die Geschichte der kleinen Liesel in Deutschland während des zweiten Weltkrieges.

 

Wie viele Tode kann man sterben?

Nur einen Tod stirbt man letztendlich tatsächlich. Es können uns jedoch viele kleine Schritte dem Tod immer ein Stückchen näherbringen.
Unsere Mitmenschen können uns derart kränken oder solche Schmerzen zufügen, dass es sich jeweils wie ein „kleiner Tod“ anfühlt. Also können wir unzählige „kleine Tode“ sterben, solange wir sie zulassen und uns nicht wehren.

 

Welchen Zustand hat der Tod?
Den Tod selbst stelle ich mir als zustandslos vor. Die Frage aller Fragen lautet, kommt etwas nach dem Tod? Und falls ja, was?

 

Inwieweit beeinflusst der Glaube/Nichtglaube den Tod?
Glaube gibt uns Hoffnung, dass es nach dem Tod weitergeht. Der Gläubige vertraut darauf, wieder mit seinen Liebsten vereint zu sein und selbst mit dem Tod nicht vollkommen ausgelöscht zu werden. Regeln für ein gutes Zusammenleben wurden von den Geistlichen aufgestellt, mit dem Hinweis auf eine Hölle nach dem Tod, wenn wir uns nicht an ihre Vorgaben halten.

Leider wird der Glaube in seiner extremsten Form auch missbraucht und die Gläubigen werden manipuliert. Dabei spielt das Versprechen an ein besseres Leben nach dem Tod oft die zentrale Rolle.

Nichtgläubige können sich nicht an die Hoffnung an ein Leben nach dem Tod klammern. Sie müssen daher versuchen im Hier und Jetzt ein gelungenes Leben zu führen. Theoretisch könnte also der Gläubige im Angesichts des Todes hoffnungsfroh sein und der Ungläubige traurig oder verzweifelt. Letztendlich liegt es an jedem Menschen, wie er damit umgeht, hilfreich ist mit Sicherheit, egal ob gläubig oder nichtgläubig, wenn man im Angesicht des Todes auf ein erfülltes Leben zurückblicken kann.

 

Was bedürfe einer Änderung in der Welt bevor man geht?
Leider viel, insofern kann ich hier nur einige Beispiele nennen. Oft habe ich das Gefühl, selbst zu wenig bewirken zu können, obwohl man im Kleinen beginnen muss. Meine Familie und ich schaffen es, lokale Biolebensmittel zu kaufen, um einerseits die heimischen Bauern zu fördern und andererseits dem Einsatz von Pestiziden entgegenzuwirken. Hier gibt es in Österreich viele Menschen, die ähnlich handeln und dadurch wird dann auch tatsächlich etwas bewegt und geändert.

Meiner Meinung nach wäre es wichtig, den Menschen die Angst vor dem Fremden und Unbekannten zu nehmen. Dadurch hätten Politiker und Extremisten weniger Möglichkeiten mit hohlen Phrasen und Ausgrenzung ihre Anhänger zu gewinnen, zu polarisieren und die Menschen gegeneinander aufzuhetzen.

 

Helmut kann man hier auch folgen bzw. seine Bücher bestellen:

Blog   ◊   Facebook     ◊    Gmeiner Verlag

[review] Mostschlinge | Helmut Scharner

Das Buch

Hans Mayer hastete die Treppen hoch und schloss die Eingangstür auf, kurz danach hatte er die Bestätigung: Ihr Küchenfenster an der gegenüberliegenden Straßenseite war hell erleuchtet.

Hans Mayer möchte auf seine Schwester aufpassen. Muss auf seine Schwester aufpassen. Das hat ihm seine Mutter so aufgetragen, seit damals, als die schrecklichen Morde in Waidhofen an der Ybbs passiert sind. Manchmal noch verschlägt es ihn zurück in die alte Heimat, die nicht zur Ruhe kommen will: Es werden reihenweise tote, sehr sportliche Frauen gefunden, die allesamt mit Schuhbändern erdrosselt wurden. Auch Hans‘ Exverlobte Juliana Haidinger muss leiden: das jüngste Opfer ist ihre Mitbewohnerin Monika Steiner. Kommissar Brandtner aus Wien reist an, um die Mordfälle gemeinsam mit dem jungen Postenkommandanten Reitbauer aufzuklären. Dabei ist allein Beteiligten nicht klar: Sie alle kennen den Mörder bereits…

Quelle: Gmeiner Verlag

Der Autor

 

Helmut Scharner (*1975 in Niederösterreich)
ist Sales Manager für einen großen österreichischen Stahl-Konzern
lebt mit seiner Familie im Mostviertel
hat über 50 Länder bereist
Mostschlinge ist sein zweiter Roman
Scharner schreibt gerade den Abschluss zur Most-Trilogie

 

Die Ansicht

Der erste Teil wurde im Weihnachtsurlaub gelesen und auch hier dazu eine Rezension verfasst. Es war also klar, dass der zweite Teil gelesen werden musste. Ja, und er ist so großartig geworden. Die Dramaturgie des Buches ist wunderbar umgesetzt und es ist unglaublich spannend zu lesen (ich hätte deswegen beinahe meine Zugausstiegshaltestelle übersehen, weil ich so vertieft war). Es ist sehr erfreulich die altbekannten Protagonisten wiederzusehen: Juliana Haidinger, die in dem Buch weitaus mutiger wurde; Hans Mayer, der in seiner Zeichnung noch interessanter wurde, weil nicht mehr klar ist, ob er zu den „Guten“ oder zu den „Schlechten“ gehört. Er ist mit seinem Grenzgängertum mit Abstand am interessantesten. Besonders erfreut war ich, dass Kommissar Brandtner schon zu Beginn des Buches auftaucht und diesmal durch innere Monologe viel menschlicher wurde als im ersten Buch. Die Orte sind diesmal noch viel klarer ausgewiesen – es ist daher für Einheimische noch amüsanter und spannender zu lesen. Besonders mochte ich den Überraschungsmoment in diesem Buch, mit dem ich absolut nicht gerechnet gehabt habe, den ich aber an dieser Stelle nicht verraten möchte. Weniger mochte ich, dass die beschrieben Sex-Szenen sehr auf die Sicht von Männnern zugeschnitten sind, ich würde mir im dritten Teil wünschen, dass Frauen gleichberechtigter beschrieben werden. Doch trotz alledem hat Scharner mit seinem zweiten Buch bewiesen, dass er sein Handwerk ein Stück mehr perfektionieren konnte. Der Spannungsaufbau lässt sich kontinuierlich auf 300 Seiten verfolgen, die Figuren sind allesamt viel feiner herausgearbeitet und das Buch ist durch die Innenwelten sehr spannend geworden. Ich freue mich schon sehr auf den dritten Teil.

Die Information

Quelle: Gmeiner Verlag

 

Helmut Scharner
Mostschlinge
Gmeiner Verlag
321 S.
Preis: 13,40€ (Taschenbuch)

[review] Mostviertler | Helmut Scharner

Das Buch

Dezember 1998. Ybbsitz. In der Garage rostete der dunkelrote Ford Escort vor sich hin. Sein stark zerkratztes Paar Skier lehnte Hans samt den Stöcken daneben an die Wand.

Hans fährt nicht nur leidenschaftlich gerne Ski, sondern arbeitet in der Firma Schuster GmbH, einer Schuhfirma in Waidhofen an der Ybbs. Sonst kümmert er sich um seine Freundin Juliana, mit der – so seine Ansicht – recht glücklich ist. Wäre da nicht sein Chef Jakob Schuster, der sein Leben durcheinander bringt. Nicht nur privat lässt er es krachen und spannt Hans die Freundin aus, sondern geht auch beruflich buchstäblich über Leichen: Schuster GmbH möchte Global player werden und eine vietnamesische Fabrik übernehmen, egal mit welchen Mitteln. Das wird ihm schließlich zum Verhängnis…

Der Autor

Quelle: krimiautoren.at

Helmut Scharner (*1975 in Niederösterreich)
Sales Manager für VOEST alpine
lebt mit seiner Familie in Waidhofen an der Ybbs
schreibt gerade an seinem zweiten Kriminalroman

 

Die Ansicht

Das Buch habe ich kurz vor Weihnachten in der örtlichen Buchhandlung erworben. Kriminalromane sind normalerweise nicht unbedingt mein Genre, aber das Cover habe ich mit der Stadt Waidhofen an der Ybbs und dem glänzenden Ybbs-Fluss großartig gefunden. Zudem schätze ich es sehr, dass es Autoren in meiner Heimat gibt, die Bücher schreiben. Die Idee fand ich zudem witzig ein Buch zu lesen, dessen Ortschaften mir besonders gut vertraut sind, da sie auch ein Teil meiner Heimat sind. Helmut Scharner hat mit „Mostviertler“ seinen Debüt-Kriminalroman hingelegt und ist dafür gut gelungen. Die Zeichnung der Figuren ist ausreichend, es wird jedoch schon von Anfang an klar, wer zu den „Guten“ gehört und wer eben nicht. Gestört hat mich zudem, dass man 3/4 des Buches gelesen haben musste, bis der Kriminalkomissar, der im Klappentext angekündigt worden war, überhaupt auf dem Tapet erschien. Für Menschen die wirklich Lust am Auflösen von Kriminalfällen haben, ist das Buch eher nicht geeignet. Trotzdem war das Buch ein Vergnügen, weil es sich unglaublich viel mit Globalisierung und Fairplay beschäftigt. Das Thema „Fairtrade“  und „fair gehandelte Schuhe“ nehmen einen großen Teil des Buches ein und lädt zum Umdenken ein. Ich habe nach dem Buch jedenfalls recherchiert, wer fair gehandelte Sportschuhe anbietet. Und die Bilanz ist wirklich traurig. Das hat das Buch allenfalls geschafft.

Die Information

Quelle: amazon.de

Mostviertler
Helmut Scharner
Gmeiner Verlag
Preis: 13,40 (Taschenbuch)

© 2024 katkaesk

Theme von Anders NorénHoch ↑